Aufruf an die Arbeiter und Soldaten November 1918

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9. November 1918

In Anbetracht dieser Lage überhaupt, in Deutschland im besonderen ergeben sich für das Proletariat folgende Gegenwartsforderungen: Zur Erzwingung und Übernahme der politischen Gewalt bilden die Arbeiterräte die Grundlage in Verbindung mit den Soldatenräten. Ein aus dem Arbeiterrat gewählter Aktionsausschuß muß durch Unterkommissionen sich der Ressorts der bisherigen Verwaltungsbehörden bemächtigen. Die Polizeitruppe muß sofort entwaffnet und aufgelöst werden.

  1. Eine kombinierte Kommission aus Arbeiter- und Soldatenrat zur Verteidigung der Revolution muß sofort zur Bildung einer roten Garde schreiten. Offiziere, die durch ihren Rang ihre Klassenzugehörigkeit dokumentieren, finden in den Soldatenräten prinzipiell keine Aufnahme
  2. Die unverzügliche Freilassung all derer, die für die Sache des Proletariats, wegen Vergehens gegen die Kriegsmaßnahmen in den Gefängnissen und Zuchthäusern, sei es in Schutzhaft oder in Strafhaft schmachten; Befreiung aller Soldaten, die wegen militärischer und politischer Vergehen verurteilt sind. Aufhebung aller Beschränkungen, die aus politischen Gründen verhängt wurden. – Auflösung jeglicher bürgerlicher Gerichte und die Ersetzung dieser durch aus dem Volke gewählte Revolutionstribunale
  3. Abschaffung der Todesstrafe und der Zuchthausstrafe für politische und militärische Vergehen
  4. Die sofortige Aufhebung des Hilfsdienstgesetzes, des Belagerungszustandes usw.
  5. Kontrolle der Lebensmittelverteilung durch die Arbeiter
  6. Nationalisierung alles Groß- und Mittelgrundbesitzes. Übergabe der Leitung der Produktion an Delegierte der Landarbeiter und Kleinbauern.
  7. Nationalisierung des gesamten Bankkapitals, der Bergwerke, Hütten, überhaupt jeglicher volkswirtschaftlich wichtiger Großbetriebe
  8. Annullierung sämtlicher Kriegsanleihen von 1000 M aufwärts

Arbeiter und Soldaten!

Der historische Augenblick ist da, an dem ihr euer Schicksal in die eigene Hand nehmen sollt. Das morsche Gebäude der kapitalistischen Gesellschaft kracht und wankt. Zeigt euch der Situation würdig. Seht auf eure Brüder in Rußland. Ruhig, fest und zielbewußt handeln. Kein Bündnis, kein Kompromiß! 

Die gesamte politische und militärische Macht den Arbeiter-und Soldatenräten sei die Parole. Tragt die Propaganda hinein in Städte, die noch zurückstehen. Unterstützt sie durch Waffen und Munition. Den Frieden und mit ihm das Brot, das euch die Besitzenden nicht geben können, müßt ihr selbst jetzt holen für euch, eure Kinder und eure Brüder auf der ganzen Welt.

Tod dem Kapitalismus! Hoch die kommunistische Republik! Es lebe die Weltrevolution!

in: Arbeiterpolitik , 3. Jg., Nr.45, 9. November 1918, Seite 270 –
abgedruckt in: Revolution und Räterepublik in Bremen (1969)