Selbst die Verwundeten erschießen wir noch

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2. April 1920

Liebe Schwestern und Kranke!

Bin nun endlich bei meiner Kompanie. Gestern vormittag kam ich zur Kompanie und Nachmittag um 1 Uhr machten wir den ersten Sturm. Wenn ich Euch alles schreiben würde, dann würdet Ihr sagen, das sind Lügen. Pardon, gibt es überhaupt nicht. Selbst die Verwundeten erschießen wir noch. Die Begeisterung ist großartig, fast unglaublich. Unser Bataillon hat 2 Tote. Die Roten 200 bis 300. Alles, was uns in die Hände kommt, wird mit dem Gewehrkolben zuerst abgefertigt und dann noch mit einer Kugel.

Ich dachte während des ganzen Gefechts an Station A. Das kommt nämlich daher, daß wir auch 10 Rote-Kreuz-Schwestern sofort erschossen haben; von denen hatte jede eine Pistole bei sich. Mit Freuden schossen wir auf diese Schandbilder, und wie sie geweint und gebeten haben, wir sollten ihnen das Leben lassen. Nichts. — Wer mit einer Waffe getroffen wird, der ist unser Gegner und muß daran glauben. Gegen die Franzosen waren wir im Felde viel edler!

Wie geht es sonst im Lazarett? Die Bevölkerung gibt uns alles, bloß, daß wir ihr nichts tun. In der Wirtschaft werden oft 20 bis 30 Mann freigehalten. Meine Adresse ist: Oberjäger Max Zeller, Student, ll.Kompagnie, Brigade Epp , Post Rokow in Westfalen.“

Oberjäger Max Zeller an das Reservelazarett l Station A, in Dresden, über die Greueltaten der Soldateska gegen Angehörige der Roten Armee und Krankenschwestern Wiescherhöfen (Im Original fälschlich ,, Wünscherhofen“) , zwischen Hamm und Dortmund , 2. April 1920. DZA Potsdam, Reichsmin. d. I., Nr. 12256, Bl. 365. Brief, Ohne Unterschrift. Abschr. —  Auf Grund dieses Briefes wurde im Juni 1920 gegen Zeller vor dem Militärgericht der Schützen-Brigade 21 ein Verfahren wegen ,,Beleidigung der Truppe“ geführt. (Vgl. DZA Potsdam, Reichsmin. d. I., Nr. 12256, Bl. 363–364.)  — in Arbeitereinheit rettet die Republik (1970)