Massengrab bei Krudenburg (Hünxe)

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10. April 1920

Der Dinslakener Friedhelm Ossig führt uns zu einem alten Brunnen am Rande des Ortes, von dem aus wir in die malerische Dorfstraße schauen können. Unterhalb der Stelle, wo wir uns befinden, verläuft die Lippe . Friedhelm Ossig deutet auf das gegenüberliegende Lippeufer, auf drei alte Bäume. Neben der Baumgruppe, so erzählt er uns, war das Massaker.

 ,,Man spricht von über 60 Toten, aber da gehen die Zahlen auseinander. Mein ehemaliger Anglerkollege Willi Roggenbeck aus Fürstenberg bei Wesel hat nie konkrete Angaben gemacht, was Zahlen angeht, er sprach immer von „vielen“ „oder ´ne Menge“.“

Er erzahlt weiter: ,,Als Krudenburg von den Roten geräumt wurde, nahmen sie am Lippeufer Stellung. Die Wiese war mit Schützengräben durchzogen, und sie sind derart überrascht worden, daß sie kaum noch in diesem flachen Gebiet die Schützengräben verlassen konnten. Reichswehr hat von der Krudenburger Seite die Gräben mit Artilleriefeuer und MGs belegt und ist dann mit der Fähre und mit Kähnen übergesetzt. Die Arbeiter sind praktisch überrannt worden. Sie waren zum überwiegenden Teil aus Lohberg.“ (Kolonie bei Dinslaken )

Auch Erhard Lucas berichtet über das Geschehen: „Mit Handgranaten und Bajonetten stürmten sie in die Schützengräben. Man zählt 63 tote Rotgardisten, die am nächsten Tag an derselben Stelle ein Massengrab erhalten; die Reichswehr hat vier Tote. 29 Rotgardisten kann die Polizei später identifizieren. Danach war der jüngste 17, der älteste 35 Jahre alt; das Durchschnittsalter lag bei 22,3 Jahren, 24 waren ledig, fünf verheiratet. Elf kamen aus der nahegelegenen Zechenkolonie Lohberg, weitere zehn aus den aneinander grenzenden Orten Gladbeck, Karnap und Horst-Emscher, was den lokalen Zusammenhalt innerhalb der Roten Armee beleuchtet. “

Die Stelle, von der aus wir auf den Ort des schrecklichen Geschehens schauen, wäre auch prädestiniert für eine Gedenktafel, ein Hinweisschild. Stattdessen gibt es am anderen Ortsausgang von Krudenburg ein stahlhelmgeschmücktes Kriegerdenkmal.

in: Ruhrkamp 1920 – die vergessene Revolution , Reiseführer, 1990