Revolutionslexikon: Die rote Fahne

| 1918

rote fahne 1Die Zeitung Die Rote Fahne wurde am 9. November 1918 von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in Berlin – zunächst als publizistisches Organ des Spartakusbundes – gegründet.

Sie konnte gleich zu Anfang – vom 12. bis 17. November 1918 – nicht erscheinen. Die Regierung Ebert-Haase erfüllte bereitwillig die Forderung des Scherl-Konzerns und sprach ihm das Verlagsgebäude und die Druckerei des früheren „Berliner Lokal-Anzeigers“, in der die Zeitung des Spartakusbundes hergestellt worden war, wieder zu. Die konsequenteste revolutionäre Kraft sollte mundtot gemacht werden. Es gelang dem Spartakusbund jedoch, eine neue Druckerei zu finden. Ab 18. November konnte „Die Rote Fahne“ wieder den Kampf gegen die Flut der antikommunistischen Hetze aufnehmen und ihre Stimme für die Revolution erheben.

In der „Roten Fahne“ gab der Spartakusbund eine Einschätzung der Lage und entwickelte das Programm für die Weiterführung der Revolution. Rosa Luxemburg beschäftigte sich in ihrem Artikel „Der Anfang“ in der „Roten Fahne“ vom 18. November mit der Frage, was die Revolution bisher erreicht habe:

„Die Revolution hat begonnen. Nicht Jubel über das Vollbrachte, nicht Triumph über den niedergeworfenen Feind ist am Platze, sondern strengste Selbstkritik und eiserne Zusammenhaltung der Energie, um das begonnene Werk weiterzuführen. Denn das Vollbrachte ist gering und der Feind ist nicht niedergeworfen.“

Die Monarchie sei hinweggefegt, betonte sie, aber die imperialistische Bourgeoisie, die verantwortlich für den Völkermord war, sei nach wie vor an der Macht. „Die Abschaffung der Kapitalsherrschaft, die Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaftsordnung: dies und nichts Geringeres ist das geschichtliche Thema der gegenwärtigen Revolution.“

rote fahne 2In dem Leitartikel der „Roten Fahne“ vom 19. November „Der neue Burgfrieden“ setzte sich Karl Liebknecht mit der demagogischen „Einheits“losung auseinander.

„Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“ — dies Trugwort stand am Anfang des Weltkriegs. Die Verwirrungsphrase der heiligen Einigkeit aller Klassen umnebelte die Hirne der Völker …“

In der Revolution vertraten vor allem die rechten Führer der SPD erneut derartige Parolen. Karl Liebknecht betonte demgegenüber, daß die arbeitenden Massen Vollstrecker der Revolution seien.

„Klares Klassenbewußtsein, klare Erkenntnis ihrer geschichtlichen Aufgabe, klarer Wille zu ihrer Erfüllung, zielsichere Tatkraft, das sind die Eigenschaften, ohne die sie ihr Werk nicht vollbringen können. Zerstreuung des Einigkeitsphrasennebels, Bloßstellung aller Halbheit und Lauheit, Entlarvung aller falschen Freunde der Arbeiterklasse ist dann das erste Gebot —heute mehr als je.“

rote fahne 3Wenige Tage später setzte sich Karl Liebknecht mit der Auffassung auseinander, das deutsche Proletariat besitze die Macht. In seinem Artikel „Das, was ist“ in der „Roten Fahne“ vom 21. November wies er nach, daß die Lage durch die wachsende Schwächung des Proletariats und die wachsende Gefahr der Konterrevolution gekennzeichnet sei. Die Konterrevolution habe sich täglich fester zusammengeschlossen. Die Gefahr wachse reißend. Keine Zeit dürfe verloren werden, solle das Proletariat nicht in wenigen Wochen vor einem Trümmerhaufen seiner Hoffnungen stehen.

Karl Liebknecht forderte die Arbeiter auf, der weiteren Schwächung ihrer Position sofort Halt zu gebieten und der Regierung, die diese Entwicklung fördere, in den Arm zu fallen. Er rief dazu auf, das Eroberte fest in den Fäusten zu halten und die übrigen Machtpositionen zu erobern, um die herrschenden Klassen endgültig niederzuzwingen. „Zaudern zögert den Tod heran — den Tod der Revolution.“

 

Der Spartakusbund orientierte als einzige Organisation die Massen auf die Lösung ler objektiv auf der Tagesordnung stehen-Sem Aufgaben. Um eine wirkliche Demokratisierung Deutschlands zu erreichen, nate — wie schon im Programm vom r_ Oktober festgelegt worden war — zuerst he Macht des Großkapitals und des Groß-Irundbesitzes gebrochen werden. Der Spar-akusbund rang darum, im Kampf gegen dle Spielarten des Opportunismris die Ihirheit in den Räten und in den Betrieben na gewinnen und auf diese Weise die Räte
• wirklich konsequente Kampf- und Wachtorgan der. Arbeiterklasse umzuge-aalten. Das war in der damaligen Situation he einzig mögliche Alternative. Ihre Verwirklichung hätte die Arbeiterklasse und he anderen Klassen und Schichten des lartschen Volkes von der Macht des Imperialismus befreien können und Voraus-ketmngen für den Übergang zur sozialisti-Mem Revolution geschaffen.
Im Eintreten für die Rätemacht schloß den Kampf gegen die von der Reaktion und rechten Führung der SPD geforderte Kathmalversammlung ein.
Die herrschende Klasse konnte sich auf die
SPD, der USPD und der smitaen, die den Hauptein-
ela iheiterklasse und die anderen
muldkällegan Schichten hatten. Mit ihrer egt date sie ihre wirtschaftlichen 1111heliessitionen behaupten und die wich-eitem politischen Machtmittel, wie den Behörden- und Beamtenapparat und die Oberste Heeresleitung, erhalten. Damit besaß sie die Basis, um eine wirklich demokratische Entscheidung zu verhindern und die Nationalversammlung als Instrument zur Aufrechterhaltung ihrer Klassenherrschaft zu benutzen. Das Monopolkapital verfügte über Milliarden, mit denen die Willensbildung der Massen manipuliert werden konnte. Die überwiegende Mehrheit der Papierfabriken und Druckereien, der Zeitungen und Zeitschriften, der Nachrichtenbüros und Verlage befand sich in seiner Hand und in Händen der opportunistischen Kräfte in der Arbeiterbewegung. Die Bildungseinrichtungen und die reaktionäre Kirchenführung waren Stützen der Konterrevolution. Außerdem besaßen die Industrie- und Bankherren die Unterstützung des ausländischen Finanzkapitals.
Im Leitartikel der „Roten Fahne“ vom 20. November „Die Nationalversammlung“ begründete Rosa Luxemburg, warum der Spartakusbund die Nationalversammlung ablehne und warum die Errichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse die Voraussetzung für den Sozialismus ist. Sie wies
darauf hin, daß von der äußersten Rechten des Monopolkapitals und des Großgrundbesitzes bis zu den sozialdemokratischen Führern Ebert, Scheidemann und dem Theoretiker der USPD Kautsky einmütig der Ruf nach der Nationalversammlung erschalle und ebenso einmütig der Angstschrei vor der Forderung : die Macht in die Hände der Arbeiterklasse. An Karl Kautsky und andere Sozialdemokraten gewandt, die sich Marxisten nannten, stellte sie fest: „Diese tiefgründigen Marxisten haben das Abc des Sozialismus vergessen.
Sie haben vergessen, daß die Ikatrgeoisie nicht eine parlamentarische Partei, sondern eine herrschende Klasse ist, die sich im Besitze sämtlicher ökonomischer und sozialer Machtmittel befindet …
Geht es dem Profit an den Kragen, wird das Privateigentum ans Messer geliefert, dann hört die Gemütlichkeit auf …
Sobald die famose Nationalversammlung