Der Bundschuh II

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2. Mai 1502

1502 zeigten sich im Bistum Speyer, das damals auch die Gegend von Bruchsal umfaßte, Zeichen einer geheimen Bewegung unter den Bauern. Der Bundschuh hatte sich hier wirklich mit bedeutendem Erfolg reorganisiert. An 7.000 Männer waren in der Verbindung, deren Zentrum zu Untergrombach, zwischen Bruchsal und Weingarten, war und deren Verzweigungen sich den Rhein hinab bis an den Main, hinauf bis über die Markgrafschaft Baden erstreckten. Ihre Artikel enthielten: Es solle kein Zins noch Zehnt, Steuer oder Zoll mehr an Fürsten, Adel und Pfaffen gezahlt werden; die Leibeigenschaft soll abgetan sein, die Klöster und sonstigen geistlichen Güter eingezogen und unter das Volk verteilt und kein anderer Herr mehr anerkannt werden als der Kaiser.

Wir finden hier zum erstenmal bei den Bauern die beiden Forderungen der Säkularisation der geistlichen Güter zum Besten des Volks und der einigen und unteilbaren deutschen Monarchie ausgesprochen; zwei Forderungen, die von nun an bei der entwickelteren Fraktion der Bauern und Plebejer regelmäßig wieder erscheinen, bis Thomas Münzer die Teilung der geistlichen Güter in ihre Konfiskation zum Besten der Gütergemeinschaft und das einige deutsche Kaisertum in die einige und unteilbare Republik verwandelt.

Der erneuerte Bundschuh hatte, wie der alte, seinen geheimen Versammlungsort, seinen Eid der Verschwiegenheit, seine Aufnahmezeremonien und seine Bundschuhfahne mit der Inschrift: „Nichts denn die Gerechtigkeit Gottes!“ Der Plan der Handlung war dem der Elsässer ähnlich; Bruchsal, wo die Majorität der Einwohner im Bunde war, sollte überrumpelt, dort ein Bundesheer organisiert und als wandelndes Sammlungszentrum in die umliegenden Fürstentümer geschickt werden.

Der Plan wurde verraten durch einen Geistlichen, dem einer der Verschwornen ihn gebeichtet hatte. Sogleich ergriffen die Regierungen Gegenmaßregeln. Wie weit der Bund verzweigt war, zeigt sich aus dem Schrecken, der die verschiedenen Elsässer Reichsstände und den Schwäbischen Bund ergriff. Man zog Truppen zusammen und ließ massenhafte Verhaftungen bewerkstelligen. Kaiser Maximilian, der „letzte Ritter“, erließ die blutdürstigsten Strafverordnungen gegen das unerhörte Unternehmen der Bauern.

Hier und dort kam es zu Zusammenrottungen und bewaffnetem Widerstand; doch hielten sich die vereinzelten Bauernhaufen nicht lange. Einige der Verschwornen wurden hingerichtet, manche flohen; doch wurde das Geheimnis so gut bewahrt, daß die meisten, selbst der Führer, entweder in ihren eigenen Ortschaften oder doch in benachbarter Herren Ländern ganz ungestört bleiben konnten.

in: „Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg“ – geschrieben im Sommer 1850, zuerst in: „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue“, Fünftes und Sechstes Heft, Mai bis Oktober 1850, von Friedrich Engels zuletzt bearbeitet 1875.