Bauernkrieg in Ungarn

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3. Mai 1514

In demselben Jahre 1514, ebenfalls im Frühjahr, kam in Ungarn ein allgemeiner Bauernkrieg zum Ausbruch. Es wurde ein Kreuzzug wider die Türken gepredigt und wie gewöhnlich den Leibeignen und Hörigen, die sich anschlössen, die Freiheit zugesagt. Gegen 60.000 kamen zusammen und wurden unter das Kommando Georg Dózsas, eines Szeklers, gestellt, der sich schon in früheren Türkenkriegen ausgezeichnet und den Adel erworben hatte.

Aber die ungarischen Ritter und Magnaten sahen nur ungern diesen Kreuzzug, der ihnen ihr Eigentum, ihre Knechte, zu entziehen drohte. Sie eilten den einzelnen Bauernhaufen nach und holten ihre Leibeignen mit Gewalt und unter Mißhandlungen zurück. Als dies im Kreuzheer bekannt wurde, brach die Wut der unterdrückten Bauern los. Zwei der eifrigsten Kreuzprediger, Laurentius und Barnabas, stachelten den Haß gegen den Adel im Heer durch ihre revolutionären Reden noch heftiger an. Dózsa selbst teilte den Zorn seiner Truppen gegen den verräterischen Adel; das Kreuzheer wurde eine Revolutionsarmee, und er stellte sich an die Spitze dieser neuen Bewegung.

Er lagerte mit seinen Bauern auf dem Rákosfelde bei Pest. Die Feindseligkeiten wurden eröffnet durch Streitigkeiten mit den Leuten der Adelspartei in den umliegenden Dörfern und den Pester Vorstädten; bald kam es zu Scharmützeln, endlich zu einer Sizilianischen Vesper für alle Adligen, die den Bauern in die Hände fielen; und zur Niederbrennung aller umliegenden Schlösser. Der Hof drohte, aber umsonst.

Als die erste Volksjustiz unter den Mauern der Hauptstadt am Adel vollstreckt war, schritt Dózsa zu weiteren Operationen. Er teilte sein Heer in fünf Kolonnen. Zwei wurden nach dem oberungarischen Gebirge geschickt, um hier alles zu insurgieren und den Adel auszurotten. Die dritte, unter Ambros Száleresi, einem Pester Bürger, blieb zur Beobachtung der Hauptstadt auf dem Rákos; die vierte und fünfte führten Dózsa und sein Bruder Gregor gegen Szegedin.

Inzwischen sammelte sich der Adel in Pest und rief den Woiwoden von Siebenbürgen, Johann Zápolya, zu Hülfe. Der Adel, in Gemeinschaft mit den Bürgern von Budapest, schlug und vernichtete das auf dem Rákos lagernde Korps, nachdem Szaleresi mit den bürgerlichen Elementen des Bauernheers zum Feinde übergegangen war. Eine Menge Gefangener wurden auf die grausamste Weise hingerichtet, der Rest mit abgeschnittenen Nasen und Ohren nach Hause geschickt.

Dózsa scheiterte vor Szegedin und zog gegen Csanád, das er eroberte, nachdem er ein Adelsheer unter Bátori István und dem Bischof Csáky geschlagen und an den Gefangenen, worunter auch der Bischof und der königliche Schatzmeister Teleki, blutige Repressalien für die Grausamkeiten auf dem Rákos genommen hatte. In Csanád proklamierte er die Republik, die Abschaffung des Adels, die allgemeine Gleichheit und die Souveränetät des Volks und zog dann gegen Temesvár, wohinein sich Bátori geworfen hatte.

Aber während er diese Festung zwei Monate lang belagerte und durch ein neues Heer unter Anton Hosszu verstärkt wurde, erlagen die beiden oberungarischen Heerhaufen in mehreren Schlachten vor dem Adel und rückte Johann Zápolya mit der siebenbürgischen Armee gegen ihn an. Die Bauern wurden von Zápolya überfallen und zersprengt, Dózsa selbst gefangen, auf einem glühenden Thron gebraten und von seinen eigenen Leuten, die nur unter dieser Bedingung das Leben geschenkt erhielten, lebendig gegessen.

Die versprengten Bauern, von Laurentius und Hosszu wieder gesammelt, wurden nochmals geschlagen und alles, was den Feinden in die Hände fiel, gepfählt oder gehängt. Zu Tausenden hingen die Bauernleichen die Straßen entlang oder an den Eingängen verbrannter Dörfer. An 60.000 sollen teils gefallen, teils massakriert sein. Der Adel aber trug Sorge, auf dem nächsten Landtag die Knechtschaft der Bauern abermals als Gesetz des Landes zur Anerkennung zu bringen.

in: „Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg“ – geschrieben im Sommer 1850, zuerst in: „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue“, Fünftes und Sechstes Heft, Mai bis Oktober 1850, von Friedrich Engels zuletzt bearbeitet 1875.