Die KPD-Zentrale an die Bezirksleitungen

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14. März 1920

Nach kurzem Zögern ist die Arbeiterschaft in Berlin, im Rheinland und in vielen anderen Orten in den Generalstreik eingetreten. Die KPD tritt in den Generalstreik ein. Unsere Organisationen haben die Pflicht, die Losungen zu geben. Gestern schien es hier in Berlin, als ob die Arbeiterschaft passiv bleiben würde, und wir glaubten, falls die Arbeiterschaft nicht aktionsbereit sei, eine Aufforderung zum Generalstreik nicht sofort geben zu können, sondern weitere Aktionen der Militärdiktatur, die die Arbeiter in Harnisch bringen, erst abwarten zu müssen.“,“Seit gestern hat sich die Situation geändert. Unter diesen Umständen ist es selbstverständlich, daß wir uns nicht nur nicht dem Kampf entgegenstellen, sondern uns bestreben müssen, daß er so energisch wie möglich und mit den entschiedensten Parolen geführt wird. (…)  (1) Dabei warnen wir Euch bet aller Pflicht, den Kampf so energisch wie möglich voranzutreiben, vor der Vorstellung, als ob nun etwa mit einem Schlag alle Illusionen, die bislang in den Köpfen der Arbeiter über den Wert der bürgerlichen Demokratie herrschten, beseitigt seien. Es ist anzunehmen, daß es erst einer langwierigen und opferreichen Kampfführung bedürfen wird, bis diese Illusionen in den entscheidenden Schichten der Arbeiter restlos beseitigt und volle Klarheit über das Ziel der Rätediktatur und die entsprechende Entschlossenheit und Opferbereitschaft im Kampf um sie hergestellt sein werden.
Die propagandistische Hauptaufgabe unserer Genossen besteht darin, mit der Kritik der Militärdiktatur, die kurz abzumachen sein wird, zugleich die bürgerliche Demokratie, die Regierung Ebert-Noske und die MSP — und die Gewerkschaftsbürokratie der unerbittlichsten Kritik zu unterziehen.
Die letzten Ziele, die wir der Bewegung stellen, müssen von vornherein klar ausgesprochen werden, jedoch müssen sich unsere Genossen klar sein, daß sie in Aktionen gebunden sind und begrenzt sind durch die Ziele, die die Mehrheit der Arbeiter sich vorläufig steckt.
Es handelt sich also darum, in den Aktionen im ständigen Kontakt mit dem Gros der Arbeiter zu bleiben, in der Kritik über unseren Standpunkt in jedem Augenblick gegen die zu begehenden oder begangenen Unzulänglichkeiten, Irrtümer, Fehler, Verrätereien scharf hervorzukehren.
Die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes der Arbeiter gegen die Militärdiktatur ruft in den Arbeitern notwendig den Willen zur Sammlung hervor. Die Herstellung einer gemeinsamen Kampffront kann nicht erfolgen durch den Zusammenschluß der Parteien, die in Grundsätzen und Zielen abweichen. Das gegebene Organ des Zusammenschlusses der Arbeiter für gemeinsame Führung von Aktionen und zur Herstellung eines einheitlichen Willens auf Grund der gegenseitigen Auseinandersetzung sind die Betriebs- und Arbeiterräte. Dem Ruf der Arbeiter nach Zusammenschluß zu gemeinsamer Aktion müssen unsere Organisationen nicht nur kritisch gegenübertreten, indem sie den Zusammenschluß der Partelen ablehnen, sondern sie müssen diesem Drang das positive Organ schaffen: die Betriebs- und Arbeiterräte.
Die Aufgaben der Betriebs- und Arbeiterräte in diesem Kampf gegen die Militärdiktatur, dessen Auftakt dieser Generalstreik ist, sind politische und wirtschaftliche zugleich. Diese Aufgaben umfassen die Herausbildung der B.- und A.-Räte. Als politische Kampforgane und gleichzeitig als Organe zur Kontrolle der Produktion nach allen Seiten. Dabei muß besonderer Nachdruck gelegt werden auf die Organisierung und Mobilisierung des Landproletariats zu Guts- und Dorfräten. Die Militärdiktatur wird sich auf dem Lande sofort bemerkbar machen als Junkerdiktatur. (. ..) (2)
Mit kommunistischem Gruß!““,“(1) So im Original. An dieser Stelle folgte noch der Satz: ,,Unsere allgemeinen und konkreten Losungen werdet Ihr aus beiliegendem Flugblatt ersehen, das so rasch und so umfangreich als möglich vorbereitet werden muß.“ (Vgl. Hist. StaatsA Gotha, Staatsanwaltschaft beim Thüringischen Landgericht, vgl. Nr. 66, Bl. 8.) Das hier erwähnte Flugblatt ist der Aufruf der Zentrale vom 14. März 1920.
(2) So im Original. Hier folgte der Satz: ,,Wir bitten die Bezirke und auch die größeren Orte in den Bezirken, uns fortlaufend über alle wichtigen Vorgänge zu unterrichten, wenn nötig durch Kuriere.“ (Vgl. Hist. StaatsA Gotha, Staatsanwaltschaft beim Thüringischen Landgericht, vgl. Nr. 66, El. 8.)
Quelle: Rundschreiben Nr. 40 der Zentrate der KPD an die Bezirksleitungen zum Eintritt in den Generalstreik und zur Herstellung einer gemeinsamen Kampffront gegen die Militärdiktatur
Berlin, 14. März 1920. Die Internationale, 24/1920, S. 13-14. Unterzeichnet: Die Zentrale der KPD. —

in Arbeitereinheit rettet die Republik (1970)