Wir wurden gegen Suhl geführt und maßlos aufgehetzt

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16. März 1920

Kameraden. Unsere Offiziere sagten uns, wir ständen auf seiten der alten Regierung Ebert -Noske . Kameraden, wir sind in der gemeinsten Weise belogen und betroqen worden. Die Offiziere stehen auf seiten der Gegenrevolution, auf Seiten der Ausbeuter und Kapitalisten. Das sind unsere Feinde. Wenn jene wieder an die Regierung kommen, so gibt es schlimmste Ausbeutung und damit Hunger und Elend. Dann gibt es neues Morden, noch gewaltigere, fürchterlichere Kriege.

Wir wurden gegen Suhl geführt und gegen die Arbeiterschaft maßlos aufgehetzt. Die Arbeiter, gegen die wir kämpften, kämpfen für dieselben Interessen, die auch die unsrigen sind. Denn wir haben erkannt, daß ihr Kampf um die Befreiung der Arbeiterklasse aus aller Knechtschaft geführt wird. Darum muß Ihr Kampf auch der unsere sein. Wir haben uns in Gefangenschaft begeben müssen, um nicht vollständig vernichtet zu werden. Wir haben schwere Verluste, die Arbeiter kämpften mit einem wunderbaren Heldenmut.

Kameraden, wir sind der Überzeugung, daß ihr letzten Endes unterliegen müßt. Denn in diesem nun entbranntem Kampfe kämpft die gesamte Arbeiterschaft, das Proletariat, gegen seine Unterdrücker. Und letztere sind nur zehn Prozent. Also ist die große gewaltige Übermacht auf der Seite der Arbeiterschaft, und darum muß sie siegen. Ihr Sieg ist unser Sieg.

Also Kameraden! Laßt ab von dem Kampfe gegen unsere Brüder. Legt alle die Waffen nieder. Jagt Eure verräterischen (militärischen) Führer zum Teufel. Laßt Euch nicht länger belügen und betrügen und tretet geschlossen auf die Seite der Arbeiter. Unsere Behandlung ist hier gut. Tragt also dazu bei, daß der Kampf für die Arbeiter siegreich durchgeführt wird.“

71 Gefangene unterzeichneten mit Namensunterschrift diese Erklärung

Appell gefangener Reichswehrsoldaten an ihre Kameraden, sich auf die Seite der kämpfenden Arbeiter zu stellen – Zella-Mehlis , 16. März 1920.

Hist. StaatsA Gotha, Landratsamt Gotha , Nr. 328, Bl. 137. Aufruf. Unterzeichnet: Streifkommando 4/21. Mitteilungsblatt für die Republik Gotha, hg. v. Vollzugsrat, Nr. 2 v. 24. März 1920. — in Arbeitereinheit rettet die Republik (1970)