Max Hölz vor Gericht

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22. Juni 1921

Hölz: Hochansehnlicher, hochehrwürdiger Ausnahmesondergerichtshof!

Vorsitzender: (scharf unterbrechend) Hölz, wenn Sie uns hier beleidigen wollen, dann entziehe ich Ihnen sofort das Wort.

Hölz: Ich betonte es schon: Sie haben die Macht und damit das Recht. Ob Sie mir das Wort zu Anfang, in der Mitte oder am Ende der Verhandlung entziehen, das ist doch Jacke wie Hose. Ich werde reden, solange wie Sie mich reden lassen und was ich will und was ich empfinde. Wenn ich rede, dann rede ich. Ich rede nicht, um mich zu verteidigen. Wenn ich mich verteidigen würde, dann müßte ich mich schuldig fühlen. Ich aber fühle mich nicht schuldig, am allerwenigsten vor einem bürgerlichen Gericht, das ich nicht anerkenne.

Wenn ich in diesen Saal geführt wurde, dann drängte sich ein Bild vor meine Seele, aus meiner Kinderzeit. In einem Dorfe, in dem ich zur Schule ging, bin ich ein einzigesmal in einem Puppentheater gewesen und habe den Dreyfusprozeß gesehen. Und wenn ich Sie hier so sehe, dann muß ich immer an die Holzpuppen des Marionettentheaters denken.

Heiterkeit im Zuhörerraum, die der Vorsitzende rügt.)

Hölz: Ich will Sie nicht beleidigen, ich will nur ausdrücken alles das, was ich empfinde. Ich betrachte Sie eben als Holzpuppen ohne Gefühl. Sie haben kein Herz.

Zur Anklagerede des „Herrn“ Staatsanwalts will ich mich gar nicht äußern. Die Anklagerede des Staatsanwalts ist eine Leichenrede für die bürgerliche Gesellschaft, von der er angestellt ist und von der er sich sein Honorar holen mag. Auch zu den Ausführungen meiner Verteidiger habe ich nichts hinzuzufügen. Meine Verteidiger sind mir geistig weit überlegen, in praktisch revolutionärer Hinsicht stecke ich alle drei in die Tasche.

Sie verhandeln hier gegen eine menschliche Bestie, so schreit die Bourgeoisie, so schreit die bürgerliche Pressemeute, so klingt es auch aus der Anklagerede des „Herrn“ Staatsanwalts. Nun gut, ich als sogenannter Angeklagter – der ich aber nicht bin – denn ich bin der Kläger ! – habe das Recht, hier einige Worte zu meiner Persönlichkeit zu sagen. Ich will Ihnen diese Bestie sezieren, ich will sie Ihnen so auseinanderlegen, daß Sie ein wirkliches Bild von dieser Bestie bekommen.

Nach dem stenografischen Bericht, herausgegeben v Felix Halle ,1921 – herausgegeben Packpapier 45 Osnabrück Verlag und Versand – Max HölzRede vor Gericht , am 22. Juni 1921 , Moabit , Berlin