Revolutionslexikon: Zwölf Memminger Artikel

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  1. Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn zu entsetzen, wenn er sich ungebührlich verhält. Der Pfarrer soll das Evangelium lauter und klar ohne allen menschlichen Zusatz predigen, da in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können.
  2. Von dem großen Zehnten sollen die Pfarrer besoldet werden. Ein etwaiger Überschuss soll für die Dorfarmut und die Entrichtung der Kriegssteuer verwandt werden. Der kleine Zehnt soll abgetan werden, da er von Menschen erdichtet ist, denn Gott der Herr hat das Vieh dem Menschen frei erschaffen.
  3. Ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Eigenleute gehalten hat, welches zu Erbarmen ist, angesehen, dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen.
  4. Ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht Gewalt hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott der Herr den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im Wasser gegeben.
  5. Haben sich die Herrschaften die Hölzer alleine angeeignet. Wenn der arme Mann etwas bedarf, muss er es um das doppelte Geld kaufen. Es sollen daher alle Hölzer, die nicht erkauft sind, der Gemeinde wieder heimfallen , damit jeder seinen Bedarf an Bau- und Brennholz daraus decken kann.
  6. Soll man der Dienste wegen, welche von Tag zu Tag gemehrt werden und täglich zunehmen, ein ziemliches Einsehen haben , wie unsere Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.
  7. Soll die Herrschaft den Bauern die Dienste nicht über das bei der Verleihung festgesetzte Maß hinaus erhöhen.
  8. Können viele Güter die Pachtabgabe nicht ertragen. Ehrbare Leute sollen diese Güter besichtigen und die Gült nach Billigkeit neu festsetzen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.
  9. Werden der große Frevel  wegen stets neue Satzungen gemacht. Man straft nicht nach Gestalt der Sache, sondern nach Belieben. Ist unsere Meinung, uns bei alter geschriebener Strafe zu strafen, darnach die Sache gehandelt ist, und nicht nach Gunst.
  10. Haben etliche sich Wiesen und Äcker, die einer Gemeinde zugehören , angeeignet. Die wollen wir wieder zu unseren gemeinen Händen nehmen.
  11. Soll der Todfall ganz und gar abgetan werden, und nimmermehr sollen Witwen und Waisen also schändlich wider Gott und Ehre beraubt werden.
  12. Ist unser Beschluss und endliche Meinung, wenn einer oder mehr der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären …, von denen wollen wir abstehen, wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt. Wenn man uns schon etliche Artikel jetzt zuließe und es befände sich hernach, dass sie Unrecht wären, so sollen sie von Stund an tot und ab sein. Desgleichen wollen wir uns aber auch vorbehalten haben, wenn man in der Schrift noch mehr Artikel fände, die wider Gott und eine Beschwernis des Nächsten wären.