Kampf gegen die Militärdiktatur

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13. März 1920

Erich Ludendorffs 18. Brumaire, Militärdiktatur oder Proletarierdiktatur? In der Auslieferungskrise sagten wir euch, die Regierung Ebert-Bauer sei nur noch ein Schmutzfleck an den Rockschößen der Ludendorff und Lüttwitz . Die Ludendorff-Lüttwitz haben mit einer Handvoll Baltikumern den lästigen Schmutzfleck abgeschüttelt.

Es sind dieselben Baltikumer, die die Regierung in den Kampf gegen Sowjetrußland geschickt hatte, die sie der Entente von neuem als Kanonenfutter anbot und denen sie unter Bruch des Völkerrechts Waffen und Munition gelassen hatte. Die Ebert-Bauer-Noske sind stumm und widerstandslos in die Grube gefahren, die sie sich selber gegraben haben. „Nachrichten besagen, daß von radikaler Seite beabsichtigt ist, die Regierung heute oder in den nächsten Tagen zu stürzen.“ Mit dieser letzten frechen Lüge auf den Lippen, „ein Strolch noch im Sterben“, das revolutionäre Proletariat denunzierend, stürzt der Proletarierschlächter Noske wie ein faules Rohr in sich zusammen.

Die Regierung Ebert-Bauer war seit 14 Tagen unterrichtet von den Plänen der Ludendorffer. General Lüttwitz stellte mehrere Tage zuvor der Regierung das Ultimatum, in der heuchlerischen Form von „Fachministern“, die in die Regierung eintreten sollten. Die weggefegte Regierung hat bis zur letzten Minute nicht gewagt, die proletarischen Massen zu unterrichten und auf den Plan zu rufen.

Warum hat die Regierung widerstandslos kapituliert vor 5000 Baltikumern in einer Stadt, die mehr als 1 Million Proletarier in ihren Mauern birgt? Zwischen sich und dem Proletariat hatte sie einen Wall von Proletarierleichen aufgeschichtet. Keine Brücke führte mehr über den reißenden Blutstrom, der den verräterischen Sozialismus von den Arbeitern trennte.

Diese Bankrotteure wußten, daß sie, sobald sie die Arbeiter aufrufen, zugleich mit den Ludendorffern weggefegt würden. Und sie kämpften ja nur noch um ihre jämmerliche Existenz  als Maden im verfaulenden Leichnam der kapitalistischen Wirtschaft und als Henkersknechte des bürgerlichen Staates.

Seit Jahr und Tag war diese Regierung gewarnt, sie taumelte blind und frech in den Abgrund. Was waren ihre letzten Taten? Sie hat die Gefängnisse, Festungen, Zuchthäuser mit Tausenden revolutionärer Arbeiter angefüllt. Der unerhörte Blutbefehl gegen die Bergarbeiter des Ruhrgebietes, das war ihre letzte wirtschaftliche Aktion. (3)

Im Augenblick des Versinkens ruft diese Gesellschaft von Bankkrotteuren die Arbeiterschaft zum Generalstreik auf zur „Rettung  der Republik“.

Das revolutionäre Proletariat weiß, daß es gegen die Militärdiktatur auf Leben und Tod zu kämpfen haben wird. Aber es wird keinen Finger rühren für die in Schmach und Schande untergegangene Regierung der Mörder Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs. Es wird keinen Finger rühren für die demokratische Republik, die nur eine dürftige Maske der Diktatur  der Bourgeoisie war.

Die Bourgeoisie übt jetzt ihre Diktatur direkt aus, durch ihre altgewohnten Herren, die Helden von 1914: Das ist die ganze Änderung. Die demokratische Republik ist rettungslos verloren; nicht sie gilt es zu retten, der die Arbeiter einen Fluch ins Grab nachschleudern und die sie im Innersten ihres Wesens als eine Lüge und einen Betrug erkannt haben. Es gilt vielmehr, mit aller Macht den Kampf aufzunehmen, um die proletarische Diktatur, um die Räterepublik.

Kapitalismus oder Kommunismus? Militärdiktatur oder Proletarierdiktatur?
So ist jetzt die Frage unausweichlich gestellt. Wenn in dieser „Stunde der Gefahr“ die blutbedeckten Verräter des Sozialismus oder mattherzige Schwachköpfe die Arbeiter zur „Sammlung“ aufrufen, so antworten wir ihnen: Es gibt nur eine Sammlung, die keine Lüge ist, die Sammlung um das rote Banner des Kommunismus. Sollen die Arbeiter in diesem Augenblick sich zum Generalstreik erheben?

Die Arbeiterklasse, die gestern noch in Banden geschlagen war von den Ebert-Noske , waffenlos, unter schärfstem Unternehmerdruck, ist in diesem Augenblick nicht aktionsfähig. Wir halten es für unsere Pflicht, das klar auszusprechen. Die Arbeiterklasse wird den Kampf gegen die Militärdiktatur aufnehmen in dem Augenblick und mit den Mitteln, die ihr günstig erscheinen. Dieser Augenblick ist noch. nicht da. Er ist da, wenn das Gesicht der Militärdiktatur sich enthüllt haben wird. (4)

Ein Teil der Arbeiter kennt die Züge dieser Militärdiktatur: Ungarn! Die große Masse wird sie zuerst durch die Taten der Militärdiktatur kennenlernen: Wenn statt der Geißeln Skorpione auf den Rücken der Arbeiter niedersausen, wenn die wiedergekehrten Helden von 1914 den August 1914 wiederbringen werden. Wenn zur eisernen Unterdrückung im Innern neue Kriegsgefahr ihr Haupt erhebt. Die Arbeiterklasse wir bis zu Ende kämpfen mit den Schlachtrufen:

Nieder mit der Militärdiktatur!
Für die Diktatur des Proletariats!
Für die deutsche kommunistische Räterepublik!

Aufruf der Zentrale der KPD zum Kampf gegen die Militärdiktatur : Berlin, 13. März 1920. Die Rote Fahne v. 14. März 1920 (2. Ausgabe). Unterzeichnet: Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands. (Spartakusbund) — Diese Stellungnahme korrigierte die Zentrale der KPD beeits am nächsten Tage. (Vgl. ihren Aufruf vom 14. März 1920 und das Rundschreiben vom gleichen Termin.

Der Staatsstreich vom 13. März 1920 bestätigte die Einschätzung der KPD, die seit 1919 vor einem konterrevolutionären Putsch gewarnt hatte.

(3) Offensichtlich wird hier Bezug genommen auf die Errichtung von Standgerichten und a. o. Kriegsgerichten in den Regierungsbezirken Arnsberg , Minden , Münster und Düsseldorf Anfang des Jahres 1920, mit deren Hilfe das Ruhrproletariat zu Uberschichten und ,,Notstandsarbeiten“ gezwungen werden sollte.
(Vgl. . die entsprechenden Verordnungen Watters vom Januar 1920 ).
DZA Potsdam , Rk u. Stk. Severing , Nr. 8, Bl. 39, 57, 148; siehe auch Düwell , Wilhelm, Der Kapp-Putsch und die Märzkämpfe im rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Ein Verbrechen des Militarismus und der Bourgeoisie, hg. v. d. Bezirksleitung der KPD, Sektion III. Internationale, Duisburg (1920), S. 10-11) .

(4) Die große Mehrzahl der Bezirks- und Ortsorganisationen der KPD beteiligten sich von den ersten Stunden an entschlossen an den Abwehrkämpfen des Proletariats. Eine Mehrheit der in Berlin anwesenden Vertreter der Zentrale beschloß, unterstützt von den ultralinken Führern der Berliner Bezirksleitung der KPD, im Gegensatz zu einer Minderheit in der Zentrale bei Ausbruch des Putsches, nicht zur Beteiligung am Generalstreik aufzurufen. Diese sektiererische Stellungnahme, die auf einer Unterschätzung der Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse und des Kräfteverhältnisses der Klassen beruhte, und Unklarheiten über das Verhältnis des Kampfes um Demokratie und Sozialismus widerspiegelt, wurde von der Zentrale bereits am folgenden Tage  korrigiert.

in Arbeitereinheit rettet die Republik