Wir konnten das beobachten als Kinder

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3. April 1920

,,Dann zogen sie hier ein, die Loewenfeld – Brigade, der Kapp-Putsch. Ich seh sie noch, die sind mit einem Panzerzug von Gladbeck gekommen. Meine Eltern wohnten in der Nähe der Prosperstraße, ist nicht weit von der Bahn, wir konnten das beobachten als Kinder. Da zogen die mit der Panzerlokomotive hier ein, verstreuten sich und dann ging´s los.

Die von Kirchhellen kamen, sind allmählich immer weiter vorgerückt, zu der Zeit, als das geschah, war hier auf dem Pferdemarkt, das ist jetzt nicht mehr, das ist da, wo die evangelische Kirche ist, das war früher der größte Markt hier, zu der Zeit fand ein Markttag statt. Da gingen die Frauen dann hin, und da waren auch noch viele Bauern, die haben da auch noch Gemüse hingebracht.

Und dann schoß die Loewenfeld-Brigade, von Kirchhellen kommend, vom Nordbahnhof Bottrop da oben, mit den 12,5er Haubitzen auf die Stadt Bottrop auf den Markt. Viele tote Frauen und Kinder. Sie rückten hier in Bottrop ein, wir haben uns alle verduftet, die Männer haben sich bei den Nachbarn irgendwo versteckt, die da mit tätig waren (Anm.: Bei der Roten Ruhrarmee).

Da in der Prosperstraße wohnte ich, mein Vater war beschäftigt auf Prosper II , er war da im Betriebsrat, aber der ist auch weg, hat sich verduftet. Meine Großeltern waren noch hier und dann ging das so einige Tage – er war weg.

Und dann war das auch hier sehr düster und sehr schlimm, die ganzen Nachbarn, die waren alle verbittert, nichts zu essen, und jetzt kommen die wieder, die Nachbarn haben erzählt, die sind doch wieder Leute am morden. Erzählten die Frauen, die da standen.

Quelle: Interview mit Theo Oslislok (1988) , der die Ereignisse im Frühjahr 1920 als Jugendlicher miterlebte und damals etwa 15 oder 16 Jahre alt war. – in : Ruhrkampf 1920 – die vergessene Revolution (1995)