Mord an zwölf Arbeitern aus Perlach

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5. Mai 1919

Am 4. Mai 1919 rückte das Freikorps Lützow in Perlach , wo niemals gekämpft worden war, ein. Die Offiziere konferierten mit dem protestantischen Pastor Hell . (Angeblich holten sie dort ein Wäschepaket ab.) Dann requirierten sie ein Zimmer im Gasthof zur Post und verhafteten die Arbeiter Johann Licht und Georg Koch . Um 3 Uhr morgens wurden dann auf Grund einer Liste u. a. folgende Perlacher Arbeiter, teils Parteilose, teils Mitglieder der Mehrheitssozialdemokratie, aus ihren Betten geholt: Adalbert Dengler , Georg Eichner , Sebastian Hufnagel , Georg Jacob , Josef Jakob , Johann Keil , Albert Krebs , Josef Ludwig , August Stöber , Konrad Zeller .

Bei dem Hafnermeister Ludwig waren drei ergebnislose Haussuchungen vorausgegangen. Keil und Dengler hatten Waffen besessen, sie jedoch am 1. Mai laut Aufforderung abgeliefert. Als der Wirt den Verhafteten Kaffee geben lassen wollte, hieß es, ,,die brauchen nichts mehr“. Die Verhafteten mußten Brieftaschen, Messer und Geldbörsen abgeben, wurden in der Früh um 5 Uhr auf ein Lastauto verladen und nach dem Hofbräuhauskeller gebracht.

Ludwig wurde gleich hinter das Auto geführt und um 6 Uhr morgens erschossen. Einige der Verhafteten wurden dann von Offizieren verhört. Keiner war bei der Roten Armee gewesen. Keiner hatte sich an den Kämpfen beteiligt, bei keinem waren Waffen gefunden worden, Zeugen schildern, daß die Gefangenen einen niedergeschlagenen, ja geistesabwesenden Eindruck machten und flehentlich um ihr Leben baten.

Zwischen 11 und 1 Uhr wurden in Abständen erst zv/ei, dann drei Personen auf dem Hof auf einem Kohlenhaufen erschossen. Zwei weitere Gefangene, zuerst zurückgestellt, wurden später erschossen. Insgesamt wurden in Abständen 12 Gefangene ohne Urteil, ohne den Schatten eines Rechts erschossen. Nach der Erschießung wurden den Toten ihre sämtlichen Wertgegenstände und Papiere geraubt. Gegen keinen einzigen der Täter oder der verantwortlichen Offiziere ist jemals auch nur verhandelt worden. (Aussagen von 14 Augenzeugen sind in meinem Besitz.)

12 Frauen und 35 minderjährige Kinder waren der Ernährer beraubt. Die von den Hinterbliebenen auf Grund des Aufruhrschadengesetzes erhobenen Rentenansprüche wurden vom Reichswirtschaftsgericht am 14. August 1921 mit der Begründung abgewiesen, die Erschießung sei keine offene Gewalt gewesen. (XVII, A.V. 747 21.)

in: Vier Jahre Politischer Mord , von Emil Julius Gumbel , eine Broschüre, in denen der Autor der Justiz etwa 300 ungesühnte politische Morde – in der Regel von rechts – in den Jahren 1918-1920 nachweist, veröffentlicht 1922: „Die höchste zuständige Stelle, der Reichsjustizminister, hat meine Behauptungen mehrmals ausdrücklich bestätigt. Trotzdem ist nicht ein einziger Mörder bestraft worden. “ –