Hitler im Wedaustadion

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24. Juli 1932

Adolf Hitler besucht das erste Mal Duisburg und spricht im überfüllten Wedaustadion. Es wird sein einziger Besuch in Duisburg bleiben.  Der „Duisburger General-Anzeiger“ berichtet am nächsten Tag von einem großen Polizeiaufgebot:  300 Gegendemonstranten werden aus „sicherheitspolizeilichen Gründen“ in „Schutzhaft“ genommen und erst am nächsten Tag wieder auf freien Fuß gesetzt. Von einem minutenlangen „Orkan des Jubels“ berichtet am nächsten Tag die „Nationalzeitung“, das Propagandablatt der NSDAP.  Die Veranstaltung begann mit einem über einstündigen Aufmarsch von SA- und SS-Truppen sowie der Hitlerjugend. 

Aufmarsch der Massenmörder - Duisburg 1932 (Stadtarchiv)

Hitler im Wedaustadion 1932
Hitler im Wedaustadion 1932 (Stadtarchiv Duisburg)

Nicht einmal ein Jahr später, am 22.2.1933. beginnen brutale Überfälle auf Duisburger Juden. Auf dem Markt am Dellplatz gibt es Überfälle auf jüdische Händler. Es folgen im Februar und März Übergriffe auf jüdische Geschäfte und Einzelpersonen. Die ersten Duisburger Juden wandern aus. In der Nacht vom 10. auf den 11. 3. 1933 wird in der Nahestrasse 53 das Haus von Diplomingenieur Alfred Plaut überfallen. Dabei wird die Wohnung völlig demoliert . Er emigriert im September 1933 nach Frankreich und ist später in Auschwitz verschollen.

Am 18. März 1933 wird die ostjüdische Synagoge in der Charlottenstr. 29 überfallen: Jozef Mordka Jablonower und Gemeindevorsteher Markus Jakob Bereisch werden misshandelt sowie die Wohnung Jablonowers zerstört und die Synagoge verwüstet. Die herbeigerufene Polizei erklärt, dass sie nicht dazu da sei, um „Juden Schutz zu gewähren“.

Am 23.3.1933 wird der Dajan der orthodoxen Gemeinde Markus Jakob Bereisch durch die Duisburger Innenstadt getrieben und schwer misshandelt. Über diesen gewalttätigen Übergriff gibt es vier Berichte, darunter einen vom Duisburger Polizeipräsidenten, dem man, wie Günter von Roden in seiner „Geschichte der Duisburger Juden“ schreibt, folgende Einzelheiten entnehmen kann:

„…vormittags drang ein Trupp SS Leute in das jüdische Bethaus Charlottenstr. 29 ein. Sie schlangen Bereisch eine schwarz rot gelbe Fahne um den Hals, die zwei andere Juden ihm schleppenartig nachtragen mußten. Man trieb die drei vor sich her durch die Stadt bis zum Stadttheater“. Bereisch sei dort freigelassen worden, „worauf Bereisch in Richtung des jüdischen Gemeindehauses [Junkernstraße] geflohen sei. Die Volksmenge – beim Theater befanden sich etwa 1.000 Menschen – setzte ihm nach“.

Misshandlung des rabbi Bereisch vor dem Theater Duisburg (Foto: Stadtarchiv Duisburg)

Nach Alarmierung der Polizei „brachte man ihn aufs Polizeikommissariat im Rathaus, wo er in Schutzhaft genommen wurde.“ Laut Bericht des Polizeipräsidenten „ist dem Rabbiner der Bart abgeschnitten worden , außerdem soll er vorher misshandelt worden sein.“ Zudem gibt es ein Foto, auf dem die Demütigung des Dajan vor dem Duisburger Hof und den Stufen des Stadttheaters in Anwesenheit einer großen Zuschauermenge dokumentiert ist.

Bei der staatlich organisierten „Reichspogromnacht“ vom 9. auf den 10. November 1938 (von den Nationalozialisten und im Volksmund „Reichskristallnacht“ genannt) wurden Geschäfte, Wohnungen in jüdischem Besitz und Synagogen in ganz Deutschland zerstört. Mindestens 91 Juden werden ermordet. In Duisburg werden die Synagoge an der Junkernstraße sowie die Betsäle Charlottenstraße und die in Hamborn und Ruhrort, die Leichenhalle an dem jüdischen Friedhof in Beeck, die Inneneinrichtung des jüdischen Gemeindehauses und der jüdischen Schule niedergebrannt und zerstört. Des weiteren werden 25 Geschäfte und 40 Wohnungen demoliert. 60 Juden werden festgenommen (sog. „Schutzhaft“), davon etwa 23 Personen im Konzentrationslager Dachau (befristet für einige Wochen) eingesperrt .

Dass diese Ausschreitungen gezielt „spontan“ sind, zeigen die Anweisungen an die Duisburger Polizei: Die in Kürze stattfindenden Aktionen gegen Juden und vor allem gegen Synagogen seien nicht zu stören, sondern im Gegenteil zu unterstützen. Bei Synagogenbränden sei der Übergriff der Flammen auf Nachbarhäuser zu verhindern. Eine Woche später dürfen jüdische Kinder dürfen keine öffentlichen Schulen mehr besuchen. Die Gefahr der Deportation in Konzentrationslager steigt. Viele jüdische Kinder werden mit Kindertransporten von ihren Eltern ins vermeintlich sichere Ausland geschickt.

Boykott eines Geschäftes für Damenhüte in Duisburg - 1. April 1932
Boykott eines Geschäftes für Damenhüte in Duisburg – 1. April 1932

Zum Ende des Jahres 1938 wird „der Betrieb von Einzelhandels und Versandgeschäften oder Bestellkontoren sowie der selbständige Betrieb eines Handwerks untersagt“. Am 4. 1. 1939 meldet die National Zeitung: „Duisburger Geschäftswelt „judenrein“. 190 Betriebe geschlossen, sieben in arische Hand übergeleitet“. Den größten Anteil stellen dabei die Unternehmen aus dem Bereich des Buchhandels und der Bekleidungsbranche.

Im Oktober 1939 leben in Duisburg nur noch 841 Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Die systematische Verdrängung aus Wohnungen und Häusern in sogenannte Judenhäuser wird vorangetrieben. „Judenhäuser“ in Duisburg, die mit Sicherheit festgestellt werden konnten, sind z.B.: Charlottenstr. 29 (Synagoge), Düsseldorfer Str. 111, Fuldastr. 1, Hohe Str. 29, Klosterstr. 47, Lotharstr. 14b, Lotharstr. 100, Mainstr. 50, Neckarstr. 50, Pappenstr. 3, Poststr. 19, Baustr. 34/36 in Duisburg Meiderich. Nach dem Krieg lebten in Duisburg noch 42 Juden von einst etwa 2500. Wieviele von ihnen ermordet wurden?

Quelle